Home
Süßwasser
Wasserchemie
Filterung
Beleuchtung

Scalare-LogoBiofilm

Quelle: Biofilme

Alles Wasser ist von Grenzflächen umgeben - so auch im Aquarium. Auf den Oberflächen von Filtermaterialien, Steinen, Wurzeln etc., siedeln sich die fleißigen Mikroorganismen an und führen ein reges Leben, teilweise in Form von Biofilmen. Hier sind sie geschützt vor mechanischen Belastungen, werden mit Nährstoffen versorgt und können stabile, synergistische Konsortien bilden. Biofilme bestehen aus Mikroorganismen, die sich im Laufe der Zeit auf den Oberflächen festgesetzt bzw. sich dort vermehrt haben. Die einzelnen Bakterien scheiden Hydrogele aus, "mikrobielle Schleime", die man wissenschaftlich als extrazelluläre polymere Substanzen (EPS) bezeichnet. Wenn man durch einen Bach oder einen Teich watet, sind es die EPS der Biofilme, auf denen man ausrutscht. Dann ist es ein schwacher Trost, dass man es hier mit einer der ältesten Form des Lebens auf der Erde zu tun hat. In den Biofilmen treten die Mikroorganismen nicht in Reinkultur, sondern größtenteils gemischt auf. Im Abstand von wenigen hundert Mikrometern können aerobe und anaerobe Zonen vorkommen, was das Leben von aeroben und anaeroben Mikroorganismen eng nebeneinander zuläßt.

Die Stärke der Ausbildung von Biofilmen auf den Oberflächen bspw. im Aquariumfilter ist natürlich von vielen Faktoren abhängig wie molekulare Oberflächenbeschaffenheit des Trägers, Größe der Oberfläche, lokale Sauerstoffversorgung, Strömungsgeschwindigkeit im Filter, Wassertemperatur, Schadstoffbelastung, etc.. Die Lebensvorgänge der Bakterien im Biofilm unterscheiden sich sich auf jeden Fall von denen in freier Suspension. So werden einige Gene durch den Oberflächenkontakt an- und andere abgeschaltet. Bewegliche Bakterien trennen sich von ihren Flagellen, es werden andere EPS als im planktonischen Zustand gebildet, und die Toleranz gegenüber bestimmten Stoffen (Antibiotika bzw. Arzneimittel zur Bekämpfung von Fischkrankheiten) nimmt zu.

Auch in der Abwasserreinigung werden Biofilm-Techniken in großem Umfang eingesetzt. Nach den jeweiligen Reaktortypen unterscheidet man Tropfkörper, Scheibentauchkörper, aerobe und anaerobe Festbetten und Schwebebetten. Die Nutzung immobilisierter Mikroorganismen zur Abwasserreinigung in Form von Biofilmen begann bereits im 19. Jahrhundert. Die zugrunde liegenden biochemischen Prozesse können jedoch erst mit den heutigen Methoden aufgeklärt werden.

Quelle: 21. Mai 2001 Jahrestagung der Wasserchemiker in Bad Wildungen

Biofilme kommen überall vor - in allen Böden und Sedimenten, auf Gestein, auf Pflanzen und Tieren, auch auf uns selbst, aber auch im Eis von Gletschern, in kochenden Quellen, auf Felsen in der Wüste, in Schwefelsäure und Natronlauge, in Flugzeugbenzin und in Öltanks, in Raumkapseln und U-Booten, selbst in hochbestrahlten Bereichen von Kernkraftwerken. Es war ein Biofilm, in dem die Natur vor etwa zwei Milliarden Jahren die Photosynthese erfunden hat. Dabei entstand Sauerstoff als "Abgas", der sich in der Erdatmosphäre anreicherte. Das führte zu einer frühen, weltweiten Umweltkatastrophe, denn für die Bakterien, die bis dahin auf der Erde lebten, war Sauerstoff ein Gift.

Neue Arten entwickelten sich, die aus der Not eine Tugend machten. Sie wurden "Aerobier" und nutzten den Sauerstoff zur Atmung. Die "Anaerobier" mussten sich in Bereiche zurückziehen, in denen sie keinem Sauerstoff ausgesetzt sind. Die gibt es mitten im Biofilm, nämlich dort, wo die Aerobier den Sauerstoff verbrauchen und anerobe Zonen schaffen.

Biofilme sind etwas ganz Normales, das wir als "Schleim", "Aufwuchs" oder "Belag" kennen. Wir putzen täglich Biofilme von den Zähnen. Wenn wir beim Baden auf Steinen ausrutschen, dann sind glitschige Biofilme daran schuld, die sich unter dem Druck unserer Füße verflüssigen. Der Schleim stellt sozusagen das "Haus" dar, in dem sich Mikroorganismen aller Art einrichten können. Sie profitieren davon, dass sie hier ungestört stabile Gemeinschaften bilden können, sogenannte Mikrokonsortien. Diese sind in der Lage, durch ihr Zusammenwirken auch mit schwer abbaubaren Stoffen fertig zu werden. Sie spielen eine zentrale Rolle in den Selbstreinigungsprozessen der Natur - als globale Putzkolonne. So halten sie unsere Gewässer sauber. Im Umweltschutz nutzt man das für die biologische Klärung von Abwasser. Biofilme machen auch die biologische Abfallbeseitigung möglich, indem sie die Abfälle besiedeln und abbauen.

Auf der Suche nach Nahrung entwickeln die Biofilm-Bewohner ständig neue Techniken, denn sie sind immer hungrig und wollen nichts anderes als Fressen. Ihr genetisches Repertoire erweitern sie durch "horizontalen Gentransfer", indem sie Nachbarzellen besuchen und fleißig Gene austauschen, die sie für spezielle Abbauprozesse brauchen. Durch spezielle Signalmoleküle können sie sich untereinander verständigen und gegenseitig weitere Gene an- und abschalten. Dadurch ist eine ungemein flexible, leistungsfähige und universelle Lebensform entstanden. Biofilme sind an den globalen Kreisläufen von Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel, Phosphor und vieler anderer Elemente beteiligt. Sie besiedeln Gestein, sogar Felsen in der Wüste, sie bilden mikrobielle Matten in Feuchtgebieten, mobilisieren wichtige Mineralien und binden viel Kohlendioxid. Damit wirken sie dem Treibhauseffekt entgegen. Ohne Biofilme wäre das Leben auf der Erde nicht vorstellbar.

Dem Menschen können Biofilme aber auch beträchtliche Schwierigkeiten bereiten. Zum Beispiel besiedeln sie Schiffsböden; ein Biofilm von nur einem Zehntel Millimeter verringert die Geschwindigkeit eines Tankers um 10 bis 15 Prozent. Im Kampf gegen den Bewuchs werden spezielle Anstrichmittel auf Schiffe gestrichen, die anschließend in den Gewässern wiedergefunden werden und eine ernst zu nehmende Umweltbelastung darstellen. In Kraftwerken verringern Biofilme den Wirkungsgrad, weil sie als "Isolierschicht" auf den Wärmetauscher-Flächen sitzen. Bei der Wasseraufbereitung durch Membranverfahren sind sie für das "Biofouling" verantwortlich, das heute noch eine Achillesferse dieser Technik darstellt. Biofilme können sogar ihre Unterlage angreifen. Dieses Phänomen ist als "Biokorrosion" bekannt. Bei etwa 20 Prozent der gesamten Korrosionsschäden wird eine Beteiligung der Mikroorganismen angenommen - das sind jährliche Verluste in Milliardenhöhe.

Biofilme besiedeln Werkstoffe wie Metall, Naturstein, Zement oder Kunststoff und verändern durch ihre Stoffwechseltätigkeit den pH-Wert, das Redoxpotential, die Sauerstoffkonzentration und andere korrosionsrelevante Parameter und können somit die Korrosion erheblich beschleunigen. Selbst Abwasserkanäle aus Zement können durch Schwefelsäure, die von schwefeloxidierenden Bakterien gebildet wurde, aufgelöst werden. Biofilme wirken in sehr verschiedenen Bereichen störend - von der Frischwasser-Versorgung über die Herstellung von Medikamenten, Kosmetika, Mikrochips oder Dispersionsfarben bis zum Kraftwerksbetrieb - und müssen dort individuell bekämpft werden, z. B. durch Biozide, mit denen man sich aber wiederum beträchtliche Umweltprobleme einhandeln kann. Schwierigkeiten macht auch, dass Biofilm-Bewohner besonders widerstandsfähig gegenüber Desinfektionsmitteln, Bioziden oder Antibiotika sind. Selbst die stärksten Gifte halten sie auf die Dauer nicht in Schach. Hier ist die Forschung gefragt; es gilt zu verstehen, wie Biofilme "funktionieren", und zwar dort, wo sie wachsen. Nur dann können Gegenmaßnahmen gezielt, optimal und umweltverträglich angewandt werden.

Quelle: Forschergruppe Physikalische Chemie von Biofilmen

Ökologische Aspekte

Ökologisch gesehen, bietet die EPS-Matrix den Mikroorganismen die Möglichkeit, Aggregate zu bilden, in denen sich verschiedene Arten zu synergistischen Konsortien zusammenfinden und über längere Zeit hinweg in einer stabilen Anordnung bleiben können. Dies ermöglicht z.B. die sequenzielle Verwertung von schwer abbaubaren Substraten, zu denen auch viele anthropogene Schadstoffe gehören. Die räumliche Anordnung führt zur Bildung von Gradienten der Konzentration von Sauerstoff und anderer Elektronenakzeptoren sowie von Substraten, Produkten und des pH-Wertes (Costerton et al., 1987). Dadurch können auf engem Raum z.B. aerobe und anaerobe Habitate entstehen, was die Ausbildung einer großen Artendiversität erlaubt. Genetisches Material wird in der Matrix konserviert und leichter aufgenommen als in planktonischer Form (Bryers, 1994). Da die Struktur nicht rigide ist, können sich die Organismen auch bis zu einem gewissen Grad darin bewegen, was den Gen-Austausch begünstigt (Marshall u. Dalton, pers. Mitt., Wuertz et al., i. Vorb.). Daß die EPS-Matrix biologisch schwer abbaubar ist, erscheint vom Standpunkt mikrobieller ökologie durchaus sinnvoll, denn dadurch bleibt sie lange erhalten und muß nicht andauernd neu synthetisiert werden. Der Abbau von Feststoffen erfolgt durch Besiedlung des Materials und Ausscheidung von extrazellulären Enzymen, wobei aber noch unklar ist, wie dieser Prozeß im einzelnen abläuft. Die EPS-Matrix verhindert die Abgabe der Enzyme an die Wasserphase, weil sie als Makromoleküle im EPS-Netzwerk zurückgehalten werden. Eigene Vorarbeiten haben Hinweise darauf ergeben, daß solche Enzyme mit Komponenten der EPS Komplexe bilden, in denen sie gegenüber toxischen Einflüssen stabiler sind als in unkomplexiertem Zustand (Wingender, 1990; Wingender et al., 1999). Die Vermutung liegt nahe, daß die EPS-Struktur ökologische Funktionen erfüllt und keine rein zufällige Matrix darstellt.

Quelle:

Zur Funktion von Biofilmen in Gewässern

In der jüngsten Ausgabe der renommierten Wissenschaftszeitschrift NATURE berichten Wissenschaftler aus Innsbruck, Wien und Philadelphia über ihre Erkenntnisse zur Funktion von Biofilmen in Gewässern. Erstenmal konnte der Einfluss des Biofilms auf Hydrodynamik und Aufenthaltszeit von Wasser, Partikeln und gelösten Substanzen nachgewiesen werden.

Biofilme sind in Fließgewässern aber auch im Grundwasser und in der Wasseraufbereitung die wichtigste Komponente für den Aufbau von Biomasse, den Umbau organischer Substanz und den Abbau von Schadstoffen. In der Medizin sind Biofilme für die Anlagerungen von Bakterien an den Wänden von Geräten und künstlichen Organen gefürchtet. Bisherige Untersuchungen von Biofilmen in Fließgewässern nahe der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl haben gezeigt, dass auch unter so extremen Bedingungen wie in einem Gletscherbach der Stoffwechsel des Ökosystems hauptsächlich im Biofilm stattfindet. Woraus besteht ein Biofilm? Aus den Organismen selbst, z.B. Algen, Bakterien, Protozooen und aus den Ausscheidungen der Mikroorganismen, die alle Oberflächen mit einem Netz von Kanälen und klebrigen Substanzen überziehen. Die Biofilme werden vom vorbeifließenden Wasser umströmt und durchströmt und bilden, wenn die Nährstoffgehalte der Gewässer zu hoch werden, mit freiem Auge sichtbare Flocken.

Entscheidende Rolle in Gewässern

Um die Entwicklung und die Funktion von Biofilmen zu studieren, wurden am Stroud Water Research Center in Philadelphia künstliche Fließgewässerrinnen aufgebaut. Sie eignen sich deshalb besonders gut, weil die Fließgeschwindigkeit und die Nährstoffkonzentrationen kontrolliert und die deren Auswirkungen einfacher untersucht werden kann als im Freiland. Die Arbeit an den Fließgewässerrinnen wurde von Dr. Tom Battin von der Universität Wien und seinen amerikanischen Kollegen durchgeführt. Die Auswertung der Biofilme selbst erfolgte durch Dr. Claude Hansen an der Universität Innsbruck, der aus geographischen Informationssystemen entwickelte Methoden auf mikroskopische Strukturen anwandte. In dem Beitrag in Nature beschreiben die Forscher nicht nur die dreidimensionale Ausbildung von Biofilmen und die Wechselwirkungen zwischen Bakterien - den Pionieren und Erstbesiedlern der untersuchten Biofilme - und Kieselalgen und Bodentieren, die den Biofilm abweiden. Sie weisen zum erstenmal auf die Bedeutung des Biofilms auf Hydrodynamik und Zwischenspeicherung von Stoffen in einem Fließgewässer hin. Die zwischenzeitliche Speicherung von Substanzen ist eine entscheidende Größe für die Funktion von Fließgewässern, z.B. bei der Selbstreinigung, sie spielt aber auch für die Biodiversität eine große Rolle. Da sich die biologischen Prozesse in Bächen und Flüssen in erster Linie nicht in der fließenden Welle, sondern im Lückenraumsystem und auf Oberflächen abspielen, ist der Austausch des fließenden Wassers mit diesen Strukturen ausschlaggebend für die Gewässerqualität . Deshalb sollte man Wasser- und Gewässerzustand auf keinen Fall verwechseln. Wenn das Wasser also länger zurückgehalten werden kann und eine vielfältige und artenreiche Gesellschaft von Organismen die Stoffwechselrate des Gesamtsystems erhöht, ist das sowohl für das Abflussverhalten als auch für die Selbstreinigungskraft eines Gewässers von äußerster Wichtigkeit.

"Die Luxemburger machen das Leben lustig"

Das Sensationelle und Neue der Untersuchung besteht darin, dass zum erstenmal die Wirkung des Biofilms nicht nur auf sogenannte "biologische Prozesse" beschrieben wird, sondern auch der deutliche Einfluss auf Hydrodynamik und Aufenthaltszeit von Wasser, gelösten Substanzen und Partikeln nachgewiesen und quantifiziert wurde. "Dass Mikroorganismen unsere Welt bestimmen, ist für einen Limnologen nicht überraschend", meint Prof. Roland Psenner, Doktorvater von Claude Hansen, "aber dass sie auch das Abflussverhalten und die Retentionszeit so deutlich beeinflussen, hat mich überrascht". Sowohl Tom Battin, der seit Jahren an den alpinen Stationen der Uni Innsbruck in Kühtai und Obergurgl forscht, als auch Claude Hansen, der soeben eine GIS-Studie über europäische Hochgebirgsseen abgeschlossen hat, kommen aus Luxemburg. "Ohne Luxemburger", betont Prof. Psenner, "wären die limnologische Forschung und vor allem das studentische Leben in Innsbruck weit weniger lustig".

Quelle: Denitrigikation

Denitrifikation

Durch Bakterien vorgenommener Abbau von Nitrat zu Stickstoff und Sauerstoff durch bestimmte Mikroorganismen (Denitrifikanten). Das Verfahren wird u.a. in der biologischen Abwasserreinigung als Folgeschritt nach der Nitrifikation für den Abbau von Stickstoffverbindungen genutzt.

Unter Denitrifikation versteht man die Fähigkeit von Mikroorganismen, selektiv Nitrat durch enzymatische Aktivitäten zu molekularem Stickstoff zu reduzieren. Dieser Prozess findet nur statt, wenn kein frei gelöster Sauerstoff im Wasser vorhanden ist (anoxisch). Die Denitrifikation ist der einzige biologisch bekannte Prozess, durch den organische oder anorganische Stickstoffverbindungen zu Stickstoffgas zersetzt und letztlich wieder in den Stickstoffkreislauf der Atmosphäre, zurückgeführt werden können. Wie bei der Nitrifikation sind auch bei der Denitrifikation verschiedene bakterielle Enzyme beteiligt. Im Unterschied dazu kann aber die Denitrifikation von einem einzigen Organismus durchgeführt werden. Die Reaktion ist also nicht vom Vorhandensein zweier verschiedener Bakterienstämme abhängig. An der Umwandlung des Nitrat-Stickstoffs sind Organismen beteiligt, die man allgemein als Denitrifikanten bezeichnet.

Technische Grundlagen

Die Ausnutzung des biologischen Potentials zur Stickstoffreduzierung bzw. -eliminierung auf Kläranlagen durch mikrobielle Tätigkeit wird durch unterschiedliche technische Verfahren realisiert. Durch die Abwasserverordnung ist ein Stickstoffabbau bei Anlagen der Größenklasse 3 (über 10.000 Einwohnergleichwerte) vorgesehen, der als Grenzwert 13 mg Gesamtstickstoff pro Liter gereinigtem Wasser festlegt. Dies bedeutet, dass neu gebaute Kläranlagen eine gezielte Denitrifikation in die Abwasserreinigung einbeziehen und Altanlagen, die diese Vorgaben und Anforderungen nicht erfüllen, mit einer Denitrifikationsstufe nachgerüstet wurden bzw. noch werden müssen. Als Besiedlungsflächen für die Mikroorganismen im Kläranlagenbereich dienen z.B. bereits vorhandene Schlammflocken oder spezielle feste Aufwuchsträger.

Der Abbau von Nitrat und Kohlenstoffverbindungen unterliegt dabei einer Diffusioskontrolle bzw. -limitierung. Für die abzubauenden Moleküle bedeutet dies, dass sie erst die Grenzschichten in Richtung des Biofilms durchwandern müssen, um durch die in der Bakterien-Zellwand eingelagerten Enzyme abgebaut zu werden. Der Transport wird dabei durch das Konzentrationsgefälle der diffundierenden Teilchen gesteuert, d. h. je höher die Nitratkonzentration im Abwasser ist, desto schneller gelangen die Ionen zum Abbau in den Biofilm. Andererseits folgt daraus, dass bei geringeren Konzentrationen der Abbau immer langsamer erfolgt. Die treibende Kraft, das Konzentrationsgefälle, wird kleiner. Technisch ergibt sich daraus die Forderung, dass eine möglichst turbulente Strömung um die Biofilme herrschen sollte, damit der physikalische Stofftransport begünstigt wird. Darüber hinaus sollte die Stickstoffelimination möglichst frühzeitig am Ort der Emission bei hohen Konzentrationen erfolgen. Desweiteren erleichtern auch große Austauschflächen die Abbauleistung des Reaktors. Eine vollständige Durchmischung des Abwassers ist aber praktisch nicht möglich. Dies liegt wiederum an der Struktur der von den Mikroorganismen gebildeten Biofilme. Durch die ungleichmäßige Morphologie ergeben sich sogenannte Toträume. In ihnen ist der Austausch, bzw. die Durchmischung des Abwassers nicht mehr gewährleistet und somit die Versorgung der Mikroorganismen mit abbaubaren Kohlenstoff und Nitrat nicht gegeben.

Denitrifikanten benötigen für den Abbau des Nitrats zu Distickstoff organisch gebundenen Wasserstoff, der als Elektronenspender dient. Diese Beziehung gibt das Verhältnis von BSB5-Wert zur Nitrat-Konzentration wieder, das bei der Denitrifikation nach Erfahrungswerten ungefähr 4 : 1 betragen sollte. Bei kommunalem Abwasser beträgt das Verhältnis von BSB5 zu CSB ungefähr 0,65-1. Wenn sich zu wenig gelöster organischer Kohlenstoff im Abwasser befindet, also bei niedrigem BSB5-Werten, kann der Abbauweg auf einer der Zwischenstufen enden. In diesem Fall kann sich Nitrit oder Distickstoffoxid anhäufen. Da dies nicht erwünscht ist, muss für die Denitrifikanten immer genug Kohlenstoff vorhanden sein. Für die Denitrifikation bieten sich heute drei Verfahren in der Abwasserreinigung an:

vorgeschaltete Denitrifikation

simultane Denitrifikation

nachgeschaltete Denitrifikation

Vorgeschaltete Denitrifikation

Bei diesem Verfahren gelangen Ammoniumverbindungen vom Zulauf der Kläranlage unverändert durch die Denitrifikationsstufe in die nachfolgende Nitrifikation. Erst dort werden diese Verbindungen unter aeroben Bedingungen in Nitrat umgewandelt und wieder in den Zulauf der Denitrifikation zurückgeführt. Dies geschieht mittels des Rücklaufschlamms, in dem der größte Teil der Nitratverbindungen enthalten ist. Die vorgeschaltete Denitrifikation findet meist in Form von Klärbecken ihre Anwendung. So lassen sich z. B. ungenutzte Vorklärbecken zu Denitrifikationsstufen umrüsten. Ein Vorteil dieses Konzeptes liegt darin, dass der in der Denitrifikationstufe umgesetzte Nitrat-Sauerstoff schon zum biologischen Abbau der organischen Inhaltsstoffe des Abwassers (BSB5-Wert) genutzt wird, d.h. es ist keine externe Zugabe von Kohlenstoffquellen zum Nitratabbau notwendig. In der anschließenden Nitrifikationsstufe ist aufgrund dieses Sachverhalts ein verminderter Sauerstoffbedarf vorhanden, da der BSB-Wert in der Denitrifikationsstufe schon reduziert wurde. Als Folge muss das Nitrifikationsbecken weniger belüftet werden, wodurch Energiekosten eingespart werden können.

Bei der vorgeschalteten Denitrifikation ist es i.d.R. nicht möglich, das gesamte Nitrat aus dem Abwasser zu entfernen, da der anfallende Schlamm nicht vollständig in die Denitrifikation zurückgeführt werden kann. Dies würde die Abwasserdurchflusskapazität der Kläranlage überfordern, d.h. die hydraulische Belastung wäre zu hoch. Hierin liegt einer der Nachteile der Vorschaltung. Außerdem führen die für den Rücklaufschlamm benötigten Pumpen zu hohen Energie- und Investitionskosten. Eine Problemlösung stellt der Einsatz spezieller Rührsysteme dar. Da das Abwasser mit dem Rücklaufschlamm vermischt werden muss, um Konzentrationsunterschiede im Klärbecken zu vermeiden, können diese Rührsysteme auch zum Fördern des Rücklaufschlammes eingesetzt werden. Hierbei wird die Saugkraft der Rührer genutzt und mit der Einsparung der speziellen Förderpumpen werden dementsprechend Energie- und Wartungskosten eingespart.

Simultane Denitrifikation

Bei simultanen Denitrifikation erfolgt die Denitrifikation und Nitrifikation im selben Becken in dem wechselnd sauerstoffarme und -reiche Zonen eingerichtet werden. In aeroben Bereichen findet so die Nitrifikation statt und das gebildete Nitrat wird durch Umwälzungsvorgänge in die sauerstofffreien Zonen zur Denitrifikation verfrachtet. In neueren Kläranlagen wird diese Methode häufig genutzt, da hierbei nur ein Becken für die Stickstoffelimination notwendig ist. Technisch wird dies u.a. auch durch die diskontinuierliche oder punktuelle Sauerstoffzufuhr im Becken gelöst. Ein Teil des anfallenden Schlammes wird in den Zulauf des Beckens zurückgeführt, da der Rücklaufschlamm die benötigten Bakterien enthält und die Schlammflocken als Aufwuchskörper für die Organismen dienen. Außerdem ist man aufgrund der langsamen Wachstumsraten der beteiligten Mikroorganismen gezwungen, den Schlamm rückzuführen, um immer eine ausreichende Menge an aktiver Biomasse im Becken zu erhalten. Die Aktivität der Nitrifikanten und Denitrifikanten ist hierbei vom mittleren Schlammalter abhängig. Durch die Schlammrückführung kann man die Biomassekonzentration in Belebungsbecken den schwankenden Belastungen im Abwasser anpassen und somit den Abbau der Stickstoffverbindungen in begrenztem Maße regeln. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass nur ein Becken zur Stickstoffreduzierung benötigt wird. Mit dem Rücklaufschlamm wird aber auch ein hoher Anteil an toter Bakterienmasse ins Becken zurückgefördert, die keine biologische Aktivität mehr besitzt.

Nachgeschaltete Denitrifikation

Für die nachgeschaltete Denitrifikation werden zunehmend Bioreaktoren eingesetzt. Aufgrund ihrer Bauweise nehmen sie wesentlich weniger Platz in Anspruch als herkömmliche Reinigungsbecken. So lassen sich auch vorhandene Kläranlagen, die z. B. über kein großes Platzangebot verfügen, um eine biologische Stufe zur Stickstoffelimination erweitern. Bei der vorhergehenden Nitrifikation wird schon der größte Teil des im Wasser befindlichen Kohlenstoffs abgebaut. Damit die Denitrifikation dennoch erfolgen kann, wird in diesem Fall die externe Zugabe einer Kohlenstoffquelle nötig. Dieses Substrat muss gezielt dosiert werden, wobei man sich nach dem im Wasser befindlichen Nitratgehalt richtet. Die Zugabe kann durch zwei mögliche Verfahren realisiert werden. So wird z. B. ein Teil des noch nicht biologisch gereinigten Abwassers vor der Nitrifikationstufe abgezogen und der Denitrifikation zugeben. In diesem Rohwasser befindet sich meistens noch eine hohe Konzentration an gelösten organischen Kohlenstoffverbindungen, die den Bakterien als Nahrungsquelle dienen. Nachteilig ist hierbei jedoch, dass in dem als Nährstoff zugegebenen Wasser Ammonium-Stickstoff vorhanden ist, der nicht in der Denitrifikation abgebaut werden kann. Dies geht wiederum mit einer Erhöhung der Konzentration an Gesamtstickstoff im Ablauf der Kläranlage einher.

Mit einer Überdosierung der zugegebenen Nährquelle kann bis zu bestimmten Grenzen die Denitrifikationsgeschwindigkeit erhöht werden. Der Zusammenhang kann durch die Michaelis-Menten-Kinetik beschrieben werden. Dabei wird die Umsatzgeschwindigkeit, in diesem Fall die Denitrifikationgeschwindigkeit, über die Substratkonzentration aufgetragen. Ab einer bestimmten Substratkonzentration geht die hyperbolische Kurve in einen Sättigungsbereich über und die maximale Umsatzgeschwindigkeit ist erreicht.

Eine Überdosierung lässt aber auch den BSB-Wert im Abwasser wieder ansteigen, da der organische Kohlenstoff des zugeführten Substrats nicht mehr vollständig abgebaut wird. Da der BSB-Wert des gereinigten Abwassers jedoch ebenfalls nicht zu hoch sein darf, müssen bei der Substratdosierung beide Auswirkungen berücksichtigt werden: Bei Überdosierung wird das Nitrat schneller eliminiert, dies hat eine niedrigere Gesamtstickstoff-Konzentration zur Folge. Andererseits steigt damit wiederum der BSB-Wert.

Der Gehalt an Gesamtstickstoff und BSB-Wert sind abgabepflichtig und somit sind beide Parameter ein Kostenfaktor für den Klärwerkbetreiber. Technische Verfahrenskonzepte der nachgeschalteten Denitrifikation

Physikalisch-chemische Verfahren

Einige Denitrifikationsverfahren werden schon seit Jahren für die Aufbereitung von Trinkwasser und Deponie-Sickerwasser angewendet. Sie sind aber mit einem großem Aufwand und hohen Energiekosten verbunden, der im Abwasserbereich nicht vertretbar ist. Durch die Weiterentwicklung und Einsatz von Techniken zur Energiereduzierung sind in den letzten Jahren jedoch einige dieser Verfahren für Kläranlagen wirtschaftlich geworden und können somit eine Alternative zur biologischen Stickstoffelimination bieten.

Biotechnologische Verfahren

Die biologische, nachgeschaltete Denitrifikation wird überwiegend in sogenannten Biofilm-Reaktoren durchgeführt. Vereinzelt existieren auch Lösungen mittels des Belebungsverfahren, die sich jedoch kaum von der simultanen Denitrifikation unterscheiden. Die Biofilm-Verfahren werden aufgrund ihrer Eigenschaften in Festbettreaktoren und Fließbettreaktoren unterteilt.

Beide Verfahren haben gemeinsam, dass eine hohe Biomasse im Reaktor Immobilisiert werden kann. Dies geschieht aufgrund von Adhäsionskräften zwischen den Mikroorganismen und dem Trägermaterial. Man erhält daher in Bioreaktoren eine höhere Bakteriendichte als bei vergleichbaren Belebungsbecken. Somit ergibt sich auch eine wesentlich höhere Raumabbauleistung, die mit einem geringeren Schlammaustrag (Überschussschlamm)als beim Belebungsverfahren einhergeht. Im Gegensatz zu herkömmlichen Beckenanlagen können kompaktere Bauweisen verwirklicht und bessere Flächenausnutzungen erzielt werden. Um eine maximale Menge an Denitrifikanten zu erhalten, werden die unterschiedlichsten Aufwuchskörper für die Bakterien in den Reaktoren eingesetzt.

Nachteilig erweist sich bei diesen Verfahren die kurze Verweilzeit des Abwassers im Reaktor. Plötzlich auftretende Belastungsstöße bzw. starke Nitrat-Schwankungen können schlechter ausgeglichen werden. Hier sind Belebungsanlagen durch ihre großen Volumina, die als Puffer dienen, im Vorteil. Bei der Dimensionierung von Biofilm-Reaktoren muss dieser Aspekt berücksichtigt werden.

Sukzedane Denitrifikation

Während die Entfernung der organischen Belastung als CSB und BSB in den Kläranlagen heute kaum noch Schwierigkeiten bereitet, ist es manchmal komplizierter, gleichzeitig die biologische Entfernung von Stickstoff und Phosphaten mit der vorhandenen Kläranlage ohne wesentliche Erweiterungen der Bausubstanz zu erreichen.

Neue umweltbiotechnologische Verfahren, wie beispielsweise die sukzedane Denitrifikation, ein im Institut für Biotechnologie des Forschungszentrums Jülich entwickelter Prozess, erlauben allein durch gezielte Steuerung der biologischen Umsetzungen eine Optimierung der Prozessführung. Das international patentierte Jülicher Abwasserreinigungsverfahren (JARV) ermöglicht ohne umfangreiche bauliche Veränderungen an bestehenden Kläranlagen mikrobiologische Nitrifikation und Denitrifikation und die Vermeidung von Blähschlamm.

Copyright:

Dr. Ralf Rombach - 2004.

Seewasser
Brackwasser
Aquaristische Links
Fischdatenbank